Powerline?
Geizhals » Forum » Netzwerk » Powerline? (23 Beiträge, 10 Mal gelesen) Top-100 | Fresh-100
Du bist nicht angemeldet. [ Login/Registrieren ]
.
Re: Powerline?
26.02.2002, 22:45:56
Wenn Du deine Nerven schonen willst, solltest Du besser nicht auf Powerline warten.

Nach ersten, von euphorischen Pressemeldungen, begleiteten Pilotprojekten in Deutschland haben sich E.ON und Siemens bereits Mitte 2001 aus allen Projekten zurückgezogen. Eine Reihe weiterer kommunaler Stromversorger in Deutschland ist dem mittlerweile gefolgt.

Zu Beginn der Pilotprojekt traten in Deutschland teilweise massive Probleme mit der Signalqualität auf. Wie sich später herausstellte durch die erste Generation der PLC-Modems von Ascom bedingt, die aufgrund zu geringer Signalstärken nicht zuverlässig waren. Die Verbindungsstabilität und Geschindigkeit blieben zum Teil stark hinter den Erwartungen zurück. Im Lauf der Pilotprojekte stellten sich auch heraus, dass simple Haushaltsgeräte wie eine Mikrowelle oder ein Fernseher das PLC-Signal stören können. Alles Dinge die nicht eben geeignet waren Anwneder für Powerline einzunehmen.

Obwohl das Problem der Verbindungsabbrüche durch den Einsatz der sogenannten Bandspreiztechnik nachhaltig gelöst werden könnte, bei der das Nutzsignal über einen breiten Frequenzbereich oberhalb des Cenelec Frequenzbandes gespreizt wird, kommt bei den Systemen von Ascom wie sie die baden-württembergische EnBW jedoch nach wie vor das sensiblere Chimney-Verfahren zum Einsatz, bei dem in einem besonders engen Frequenzband eine relativ hohe Leistung eingespeist werden muss, um eine gute Übertragungsqualität zu erreichen. Vorteil: Das enge Frequenzband kann somit auch kleine Lücken im Spektrum ausnutzen da hier gut mit einer Phasen- oder einer Frequenzmodulation gearbeitet werden. Jedoch sind hier die Infrastrukturkosten höher.

Denn bei Powerline fließen die Daten nicht auf ihrem gesamten Weg durch die Stromkabel, sondern nur die wenigen hundert Meter über das Niederspannungsnetz vom Anwender bis zum nächsten Transformatorenhäuschen des Stromversorgers. Die Verteilerstationen dürfen bei Anwendung des Chimney-Verfahrens in der Regel nicht weiter als 300 bis 600 Meter (Leitungslänge) auseinanderstehen, damit das das Signal auf dem Weg zur Trafostation nur einmal verstärkt werden muss. Am den Trafostationen befinden sich dann Basisstation, die die Daten modulieren und per Funkverbindung oder über Glasfaserkabel zur nächsten Vermittlungsstelle einer Telefongesellschaft senden. Von da aus geht es weiter über die normalen Telefon- und Datennetze.

Zu den technischen Probleme und der fehlenden Infrastruktur kam, dass nach großartigen Pressemeldungen mehrere zehntausend Interessenten nicht bedient werden konnten. Interessenten die sich zum Teil anderen breitbandigen Angeboten zugewandt haben und somit für Powerline verloren sind.

Die kanadische Firma Nortel, die Powerline wenige Jahre vorher quasi erfunden hatte und die britische United Utilities, haben sogar bereits 1999 alle Aktivitäten auf diesem Gebiet eingestellt. Der Grund: Zu geringe finanzielle Erfolgsaussichten aufgrund der hohen notwendigen Investitionen in die Infrastruktur. Eine Ansicht die durch eine Untersuchung des Internetbusiness-Analysten Forrester im Juni 2001 bestätigt wurde, der Powerline nur in Nischenmärkte eine Chance einräumt.

Unter den wirtschaftlich starken Unternehmen in der BRD setzt lediglich noch RWE auf Powerline. Hier stellt sich aber bei -vom Downloadlimit abhängigen- Preisen zwischen 48 DM und 249 DM die Frage der Konkurrenzfähigkeit zur ebenfalls bis zu 2 MBit schnellen xDSL. Wobei xDSl den Vorteil bietet, dass die Technologie bereits serienreif ist und geringer Investitionen in die Infrastruktur erfordert. Hier steht nur die mangelnde Bereitschaft der deutschen und der österreichischen Telekom zur Leitungsentbündelung einem breiten Erfolg im Wweg. Ein Hindernis das allerdings durch jüngere EU-Richtlinien bald aus der Welt geschafft sein sollte.

Lediglich die schweizer Firma Ascom betreibt zur Zeit noch ernsthafte Entwicklungsbemühungen und Pilotprojekte im bereich Powerline. Das allerdings konzentriert auf die Schweiz und vor allem im Hinblick auf das starke Engagement von Ascom in der Volksrepubik China.

Man kann also erwarten, dass Powerline in Europa wirtschaftlich von xDSL überholt werden wird, während Powerline in China, einem Land mit über einer Milliarde Bürgern, jedoch ohne ein modernes nationales Telefonfestnetz, sicher beste Chancen hat.





Es ist schwer, ein Mensch zu sein, und das muss es vielleicht sein.
Astrid Lindgren (1907-2002)
Antworten PM Übersicht Chronologisch Zum Vorgänger
 
Melden nicht möglich
 

Dieses Forum ist eine frei zugängliche Diskussionsplattform.
Der Betreiber übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der Beiträge und behält sich das Recht vor, Beiträge mit rechtswidrigem oder anstößigem Inhalt zu löschen.
Datenschutzerklärung