EuGH und Bundeskartellamt untersagen Einschränkungen des Internethandels
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EuGH und Bundeskartellamt untersagen Einschränkungen des Internethandels
11.01.2012, 14:15:52
Unsere in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) durchgeführte Händlerbefragung hat ergeben, dass rund 47,2% der teilnehmenden Händler von Herstellern unter Druck gesetzt werden.

Zwei aktuelle Fälle zeigen, dass vielen Herstellern leider immer noch nicht bewusst ist, dass der Internethandel nicht ohne Weiteres eingeschränkt werden darf.

Der EuGH hat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung (EuGH, Urteil vom 13.10.2011, RS C-439/09) bestimmte Klauseln in Vertriebsvereinbarungen untersagt, die es Händlern de facto verbietet Ihre Produkte über das Internet zu vertreiben.

In Vertriebsvereinbarungen für Arzneimittel war vorgesehen, dass der Verkauf ausschließlich in einem physischen Raum und in Anwesenheit eines diplomierten Pharmazeuten erfolgen darf. Damit wird zwar nicht wortwörtlich der Internethandel ausgeschlossen, doch ist logische Konsequenz daraus, dass der Hersteller den Vertrieb über das Internet ausschließen möchte.

Eine derartige Beschränkung des sog. passiven Verkaufs an Endverbraucher ist demnach unzulässig.

weitere Informationen:
http://www.cbh.de/portal/de/news/unternehmen--finanzen/eugh-der-vertrieb-ueber-das-internet-kann-vertriebspartnern-nur-im-ausnahmefall-vollstaendig-untersagt-werden/2577,15407.html


In die gleiche Richtung geht auch das deutsche Bundeskartellamt (BKartA):

Auch in diesem Fall wurde beim Vertrieb von hochwertigen Sanitärarmaturen versucht mittels selektiver Vertriebsvereinbarungen den Internethandel zu unterbinden.

Die Vereinbarung zwischen Hersteller und Großhändler sah vor, dass letzterem ein Rabatt von bis zu 10% gewährt wird, wenn er ausschließlich an Händler liefert, die ganz bestimmte Qualitätskriterien - wie zB Gewährleistung einer fachgerechten Montage, die Inbetriebnahme der Produkte, sowie einen adäquaten After-Sales-Service - erfüllen.

Darüber hinaus ging der Hersteller auch aggressiv gegen den Internethandel vor.

Zitat: "Damals wurde verschärft gegen die nicht-autorisierte Verwendung von Dornbracht eigenen Bildmaterialien zu Zwecken des reinen Online-Verkaufs vorgegangen."

Dadurch wurde der Weiterverkauf an Händler wie Baumärkte, reine Internethändler oder Discounter unattraktiv. Das BKartA hat in der Folge festgestellt, dass dies insbesondere eine Beschränkung des Internethandels bzw. des passiven Verkaufs darstellt und somit unzulässig ist.

Das Verfahren gegen den Hersteller wurde zwar eingestellt, nachdem dieser die entsprechenden Klauseln entfernt hat. Es wurde jedoch abschließend festgehalten, dass hiermit auch andere Hersteller aufgerufen sind ihre Regelungen anzupassen, ansonsten behält sich das BKartA vor, entsprechende Verfahren in diesem Bereich zu führen und womöglich auch Geldstrafen zu verhängen.


weitere Informationen:
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Missbrauchsaufsicht/Kurzberichte/B05-100-10-endg.pdf  


Die Menschen von heute wünschen das Leben von übermorgen zu den Preisen von vorgestern.
- Thomas Lanier Williams

Viele Menschen benutzen das Geld, das sie nicht haben, für den Einkauf von Dingen, die sie nicht brauchen, um damit Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen.
- Walter Slezak
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Re(2): EuGH und Bundeskartellamt untersagen Einschränkungen des Internethandels
11.01.2012, 21:08:35
Ist auch leider nichts neues. Der Versand von Kontaktlinsen (und Arzneimitteln) ist ja in Österreich weiterhin per Gesetz verboten obwohl es anderslautende EuGH-Urteile gibt.

Es vergessen manche leider immer wieder sehr schnell, dass man einem Händler nicht so ohne Weiteres vorschreiben kann, ob er seine Waren im Internet vertreiben darf oder gar welchen Preis er dafür zu verlangen hat.

Man muss sich auch mal vor Augen führen was in Deutschland laut BKartA problmatisch ist aber hier gang und gäbe:

Das bloße Überreichen einer Liste mit unverbindlichen Preisempfehlungen durch einen Lieferanten an ein nachfragendes Handelsunternehmen ist zulässig.

Die Thematisierung des Wiederverkaufspreises oder einer maximal möglichen Unterschreitung einer UVP oder eines sonstigen empfohlenen Wiederverkaufspreises oder Aktionspreises. Hierunter sind das Ansprechen oder die Abgabe von Hinweisen zu verstehen, soweit diese über die Erläuterung der Gründe für die erstmalige Übermittlung von unverbindlichen Preisempfehlungen und die grundsätzliche Erklärung der Strategie im Hinblick auf die Positionierung und Vermarktung der Produkte hinausgehen.


Soll heißen, die UVP-Liste darf der Lieferant dem Händler gerne schicken, aber auch nur irgendwie auf die Idee zu kommen über Preise zu reden ist schon gefährlich.

Und jetzt möchte ich gerne den Händler in Österreich kennenlernen, der noch nie von einem seiner Vertriebsleute kontaktiert wurde, der nicht über Preise reden wollte.

Manchmal geschieht es halt auf die "subtile" Art ala: "Geh Franzl, i hob da do gsogt du derfst die Büdln nua daun ozeign, wennst ma mitn Preis ned owegehst."



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11.01.2012, 21:09 Uhr - Editiert von M.A. Morpheus, alte Version: hier
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