Selbständig Software verkaufen und entwickeln?
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Re: Selbständig Software verkaufen und entwickeln?
07.02.2015, 16:06:34
Würde ich (heute) nicht (mehr) machen wenn die Kunden nicht schon Schlange stehen und ein Jahresumsatz > 50.000 (verlässlich) absehbar wäre (bzw. je nach gewünschtem Lebensstandard, es bleiben selten 50% oder mehr netto übrig nach Abzug aller verbundenen Kosten). Der administrative Aufwand, der notwendige Vertrieb/Werbung/Marketing sprechen nicht dafür, da man als Kunde auch immer leichter Billigstbieter aus der ganzen Welt für Programmierjobs bekommt.

That said,

- Pauschale oder pro Stunde ist eher eine psychologische Frage. Üblich ist pro Stunde, wobei man als Anbieter diese sehr flexibel "berechnen" kann und dem Kunden dann (psychologisch sinnvoll) mit einer Pauschale entgegen kommt.

- verlangen kannst du das, was der Markt für die gebotenen Qualifikationen / Qualität der Arbeit hergibt. Wahrscheinlich für den Anfang mal 30-60 €/h  wenn du nicht schon sehr spezielle/gefragte Sachen anbieten kannst.

- Verträge, Rechnungen, Steuern: ja, außerdem Sozialversicherung, diverse sonstige Gebühren. Es gibt etliche Broschüren zu dem Thema (z.B. WKO), aber am besten wäre mal für den Anfang ein freundlicher Steuerberater, wenn du es erst meint. Der erklärt dir auch, welche Förderungen es gibt und welche Fristen du nicht versäumen solltest. Warnung: ist nicht Jedermann's Sache, der ganze Papierkram.

https://www.gruenderservice.at/Content.Node/gruenden/GS_Startseite.html

http://build.or.at/wko-jungunternehmercoaching/

Als Einstieg wäre evtl. mal das Arbeiten auf Werkvertragsbasis sinnvoll: http://www.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/Arbeitsvertraege/Werkvertrag.html
(da sieht man auch schon, wer dann gleich wieviel abkassiert und wie wenig bleibt)

PS. zum Schluss noch einen Tipp, die Motivation der Leute, die dich darauf ansprechen, zu hinterfragen: als Selbstständiger hast du weitaus schlechtere Karten, wenn der Auftraggeber mal nicht zahlt, mittendrin seine Meinung ändert, oder wenn du mal krank bist oder aus anderen Gründen nicht liefern kannst. Das sind Dinge, die man in den Stundensatz einkalkulieren muss wenn man wirklich eine sichere Anstellung aufgeben möchte.



07.02.2015, 16:11 Uhr - Editiert von Lazy Jones, alte Version: hier
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Re(2): Selbständig Software verkaufen und entwickeln?
08.02.2015, 00:05:56
gibt nichts schöneres als die selbstständigkeit. hab mich bereits in der hak mit 18 selbstständig gemacht.

zum stundensatz: 50 euro (netto!) ist in der softwareentwicklung inakzeptabel. unter 75 oder von mir aus im äußersten notfall 65 solltest du dich nicht hergeben.
durchschnittliche stundensätze für gute leute in wien, großraum münchen: 90-115 euro.
liebend gerne nehmen uns schweizer zu dem stundensatz, da das für die schon fast dumpingpreise sind.
ob du das verlangen kannst hängt von deiner qualifikation ab.

zur selbstständigkeit:
wenn du viele unternehmer als kunden hast, unbedingt auf ust verrechnung optieren und nicht die kleinunternehmerregelung in anspruch nehmen.
bringt dir mehr. du bist softwaremensch, also such dir ne web einnahmen ausgaben rechnung oder schreib dir selbst was. ist kein ding, das bissl verwaltung zu stemmen.
die vorteile überwiegen.

zur sva:
so lange du mit deinem gewinn!! (gewinn != umsatz) unter der versicherungsgrenze 2 bleibst, zahlst du keine sva sondern nur die unfallvers von ca 75 euro im jahr:

    Versicherungsgrenze II: EUR 4.871,76

Sie gilt, wenn in einem Kalenderjahr eine weitere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird oder eine Pension, ein Ruhe-/Versorgungsgenuss, Kranken- oder Wochengeld, Karenzgeld, Kinderbetreuungsgeld, Sonderunterstützung oder eine Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen wird.
http://esv-sva.sozvers.at/portal27/portal/svaportal/content/contentWindow?contentid=10007.714104&action=2

damit hast du im jahr fixkosten von 75 euro für unfallvers und 100 euro für die kammermitgliedschaft.

ende.

dafür kannst du tagesgelder, km gelder (42c pro gefahrenem km mit privatauto für firmenfahrten!) usw usf absetzen.



08.02.2015, 00:07 Uhr - Editiert von reso, alte Version: hier
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Re: Selbständig Software verkaufen und entwickeln?
09.02.2015, 10:09:33
Ich wurde in letzter Zeit öfters darauf angesprochen, ob ich denn nicht gegen Bezahlung und auf Rechnung selbständig Software entwickeln möchte.



Du bist offensichtlich in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis und machst das "nebenbei". Wenn du das legal machen willst gibt es zwei Hauptpunkte:

a) Gewerbeanmeldung
b) Doppelversicherung GSVG

ad a) Wenn du professionell Software entwickeln möchtest, dann brauchst du einen Gewerbeschein. Den kriegst du bei der Wirtschaftskammer. Deine erste Anlaufstelle ist also die WK. Diese bietet hier kostenlose Beratung an.

ad b) Wenn du in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis unselbstständig erwerbstätig bist, dann blüht dir, je nach Ausmaß deines selbstständigen Verdienstes, eine Doppelversicherung bei der Versicherung der gewerblichen Wirtschaft. Hier sind Sockelbeträge zu beachten, d.h. bei wenig Umsatz schlägt der deutlich stärker zu Buche als bei höheren.

Bedenke, dass du zusätzliches Einkommen erwirtschaftest und dass dieses Einkommen beim Finanzamt "on top" dazukommt. Du fällst möglicherweise in höhere Steuerklassen damit. Kalkuliere also mindestestens 50% (!) deines selbstständigen Einkommens für Steuer und SV ein. Das bedeutet also dass du bei einem Nettoertrag von 50€ stolze 100€ verlangen musst. Das gibt oft lange Gesichter bei jenen "Kunden", die dir die Selbstständigkeit angeraten haben.


- welches Verkaufsmodell ich verwenden soll: Bezahlung pro Stunde, Pauschale...


Das Verkaufsmodell hängt an der Art des Produktes. Nehmen wir das Beispiel einer App. Du programmierst für jemanden eine App.

- Du hast hier die Möglichkeit pro Stunde zu verrechnen, das erfordert idR einen Stundennachweis den du dem Kunden regelmäßig übermitteln musst.
- Du kannst den Aufwand abschätzen und lieferst ein Werk ab. Damit schuldest du ein Ergebnis und dir blüht, dass bei Unklarheiten in der Spezifikation viel (kostenlose) Nacharbeit fällig wird.
- Du gehst voll ins Risiko und erstellst die App vollständig alleine und lizenzierst das Produkt deinem Kunden.

Was davon in Frage kommt hängt davon ab, wie der Kunde arbeitet. Spezifiziert er klar? Nein? Dann nur auf Zeit und Aufwand (Stundenverrechnung). Machst du sowieso alles selbst und er zahlt nur und tut sonst nichts, könntest du auch die App lizenzieren.


- wie viel ich generell verlangen kann ohne mich ausbeuten zu lassen oder den
Kunden zu verjagen


Das hängt von der Art der Arbeit und vom Kunden ab. Ist der Markt knapp? Gibt es viel Angebot? Als Fausregel gilt, dass du wenn du zu niedrig in den Markt gehst später eher schwer wieder teurer werden kannst - dafür hast du auch viel Arbeit. Und wenn du zu teuer in den Markt gehst, hast du Verhandlungsspielraum.


- wie ich das rechtlich löse: Verträge? Rechnungen? Steuern?



a) Vertrag: Beachte beim Vertrag, wem das intellectual propery an der Leistung zusteht. Also die kommerziellen Verwertungsrechte. Das sind oft teure Streitfälle. Wenn es im Vertrag geregelt ist, ist alles einfacher. Beachte auch, dass klargestellt ist, was zu liefern ist. Eine Stunde Arbeit oder ein fertiges Werk?

b) Rechnung: Ab einem gewissen Umsatz brauchst du eine UID Nummer. Manche Kunden wollen auch, dass du gleich zu Beginn die MWSt extra ausweist. Auch da hilft dir die Wirtschaftskammer weiter.

c) Steuern: Hier musst du dich mit einem Steuerberater auseinandersetzen. Insbesondere dann, wenn du einen anderen Job hast und es zu teuren Doppelversicherungen und Sockelbeträgen kommen kann.


Ich habe wirklich nicht den blassesten Schimmer wie ich das angehen soll.


Das ist schlecht.


Gibt es dazu brauchbare Ressourcen, Bücher, Webseiten oder Kurse?


Die brauchbarste Ressource bist du selbst. Du musst zu Wirtschaftskammer, Steuerberater, Gründerstellen, etc. hinpilgern. Das ist aufwendig, aber notwendig. Aber ob sich das alles generell auszahlt, steht auf einem anderen Blatt. Es hängt maßgeblich vom geplanten Umsatz im Jahr ab. Das wird auch der Steuerberater gleich zu Beginn fragen.


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