"Katastrophal": Heftige Kritik an Linux-Aus in München
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"Katastrophal": Heftige Kritik an Linux-Aus in München
13.02.2017, 13:57:59
ie Opposition ist empört über die Stadtregierung, die das Open-Source-Projekt abdrehen will Für das Projekt Limux sieht es nicht gut aus: Die Münchner Regierungsparteien SPD und CSU sind nach monatelangen Angriffen auf die freie Software in der Stadtverwaltung nun zur Tat geschritten und haben wie berichtet einen Antrag gegen die Nutzung von Linux eingebracht. Bis 2020 ist nun eine Rückkehr zu Microsofts Windows geplant. Die Oppositionsparteien äußern daran heftige Kritik. Gegenüber "Heise" sprechen die Grünen von einem "Schildbürgerstreich", die Piraten gar von einer "katastrophalen Entscheidung". - derstandard.at/2000052519494/Katastrophal-Heftige-Kritik-an-Linux-Aus-in-Muenchen

http://derstandard.at/2000052519494/Katastrophal-Heftige-Kritik-an-Linux-Aus-in-Muenchen

Was sagen die Linux-Nutzer dazu? Mir fällt auf:

Durch die Rückkehr zu Microsoft gingen Millionen Euro verloren, beklagen die Grünen. Rund 14 Millionen Euro, die das Projekt bisher gekostet habe, wären umsonst gewesen, der Austausch von Rechnern würde gar 15 Millionen Euro kosten. Dabei würde sich das Projekt nun rentieren, bis 2013 seien schon elf Millionen Euro an Lizenzkosten eingespart worden.

Und dann darf man lesen:

Außerdem sei das Schicksal von bis zu 70 Linux-Programmierern unklar, die bei der Stadt arbeiten.

So kann man es sich auch schönreden! Da kosten alleine die Programmierer pro Jahr ein paar Millionen - als "ST1" werden sie die ja wohl nicht eingestellt haben? 8-O

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Re: "Katastrophal": Heftige Kritik an Linux-Aus in München
13.02.2017, 14:23:50
Die Geschichte war von Anfang an mehr "Politikum" als "Technikum" und so richtig dauerhaft sachlich scheint man die Sache zumindest in den oberen Etagen auch nie herangegangen zu sein  :-/

So kann man es sich auch schönreden! Da kosten alleine die Programmierer pro
Jahr ein paar Millionen - als "ST1" werden sie die ja wohl nicht eingestellt
haben?

naja, einerseits: Programmierer für die Fachanwendungen brauchte man so oder so.
Andererseits war in  Posts über die Jahre sporadisch von (für München) eher niedrigen Gehältern die Rede - nachprüfen kann man es auf die Schnelle nicht. Aber an einem Standort wie München sollten die im doch schnell wieder "versickern".

Daß dort vieles in gegenseitiger Gefälligkeit gelaufen ist (die evaluierenden Berater hier, der große MS-Neubau dort) - die Milchmädchenrechnung, daß da schlicht jenseits der Möglichkeiten von potentiellen OSS-Zulieferern/Dienstleistern geschmiert oder zumindest heftige Lobby-Arbeit geleistet wurde, muß erst einmal widerlegt werden.

Was auf technischer/anwendungsspezifischer und Usability-Ebene schiefgelaufen ist, darüber gibt es auch nur eher sporadische, Hinweise.

Daß ein Standard-Windows 10 hingegen alles besser machen würde ... und OHNE gleichzeitig seine ganz eigenen Dümmlichkeiten neue Probleme zu schaffen (angefangen bei den Zwangsupdates) - da würde es zumindest eine angepaßte Version brauchen, die nicht Kundendaten in die Cloud trötet. Aber ob MS so eine liefern kann, ohne daß die denen eigene, mehrmals erlebte softwaretechnische Zwangsverstrickung von "relevanten Komponenten" ihnen nicht bis SP4 in die Suppe spuckt....

Entscheidungsträger, die gewohnt sind, bei jedem lächerlichen Wehwehchen  einfach mal ein Donnerwetter auf den IT-Fuzzy loszulassen, der daraufhin für das hohe Tier erstmal alles andere stehen und liegenläßt, kriegen die realen Probleme der User ja gar nicht mit, denn der Fuzzy wird sich hüten, den Rattenschwanz an Detailproblemen nach oben zu kommunizieren, weil er damit seine gefühlte Lösungskompetenz untergraben würde.

Nein, über die tatsächliche Realität dort kann man als Aussenstehender nur spekulieren. So wie die ganzen selbsternannten Profis, die zu dem Thema regelmässig gepostet haben, wie sie die vermeintlichen Anforderungen mit dem OS IHRER Wahl binnen weniger Tage aus dem Boden stampfen würden.

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Re(4): "Katastrophal": Heftige Kritik an Linux-Aus in München
15.02.2017, 13:09:02
DU bist DU und ein normaler Büroangestellter denkt einfach anders. Die sind
mit Windows vertraut und der Großteil lehnt was anderes einfach ab.


Also kurzum: Der Schwanz sagt dem Hund, wie zu wedeln ist?

Komischerweise kommen Gutachter zu einem anderen Ergebnis als Du, denn alle AN verwenden darin Anwendungen - das Betriebssystem ist nur der Unterbau. Aber gut, die haben halt keinen Alk-irgendwie unter Ihren Leuten, da ist ein Fehlurteil schnell mal gefällt...

Mit der geplanten Wende gehen SPD und CSU weit über die Ratschläge aus dem Accenture-Gutachten hinaus. Darin war noch von einem Nebeneinander offener und proprietärer Welten die Rede: "Die Entkopplung von Betriebssystem und Anwendung ist entscheidend, um die Abhängigkeiten an den Client zur reduzieren. Um dies zu gewährleisten, sollten zwei Clients (Windows und LiMux) in einer Basiskonfiguration bereitgestellt werden. Diese enthalten jeweils das Betriebssystem sowie Anwendungen, die alle Referate und Eigenbetriebe benötigen wie etwa LibreOffice, Kalender und E-Mail. Die Basiskonfiguration sollte dann je nach Einsatzzweck erweitert werden."

Und dementsprechend wird wohl auch die Arbeitsmoral zwischen AN und Linux sein... verstehen kann ichs ja.


Aha... interessant! Es ist also wichtig für die Arbeitsmoral, ob der AN das Programm als "Anwendung.exe" oder als "Anwendung" startet - weil mit dem Betriebssystem selbst haben die guten AN ja nix am Hut. In Zeiten, wo viele Software schon im Browser ablaufen kann, ist das Betriebssystem wohl kein wirkliches Argument mehr. Aber den Hinweis hat unten schon Peter Schordan geliefert, dass eben vieles noch weiterverwendet wird, was teilweise aus den 80ern kommt... Und das alles ins Jahr 2017 zu holen würde halt kosten!

Und zu deiner Aussage zurück: Es scheint für dich ok zu sein, dass für dich
privat kein Linux in Frage kommt und daraus schließt du das nötige Wissen zu
haben um beurteilen zu können was die AN am Amt benötigen ...


Naja, Du nimmst es Dir ja auch heraus, indem Du einfach ohne Nachweis einfach mal in der Laune raus das Gegenteil behauptest +*) Noch besser: Du kennst sogar deren Arbeitsmoral, die bis dato medial nicht breitgetreten wurde. Ein "Insider" im morgentlichen Kaffeesatzauslesen! Traurig können die Münchner sein, dass sie auf Dich als Gutachter verzichtet haben... B-)

15.02.2017, 13:09 Uhr - Editiert von Mig29, alte Version: hier
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Re(5): "Katastrophal": Heftige Kritik an Linux-Aus in München
13.02.2017, 23:09:12
da stellt sich jemand SW-Engineering und die Anforderungen unterschiedlichster
Verwaltungen irgendwie zu einfach vor


Das glaube ich nicht, Tim. Aber kläre er mich auf: Wozu braucht jede Kommune noch einmal eine eigene Verwaltungssoftware, wenn die zugrunde liegenden Gesetze eigentlich alle die gleichen sind? ;-)

Außerdem: Die Software und ihre Spezifikationen mussten auch für Windows-Systeme evaluiert werden. Eine Aktualisierung der Spezifikationen mit anschließender Re-Implementierung auf Linux kommt nicht infrage? Kumm, geh bitte...

alleine die Erstellung der einzelnen Spezifikationen dauern Monate, geschweige
denn, daraus eine gemeinsame Basis zu extrahieren


Ist mir bekannt. Wann startete das LiMux-Experiment? Und wann begann das Evaluierungsverfahren für eine eigene "BRD-Distri"? Nie? Dieses Verfahren hätte zu dem Zeitpunkt, als man Microsofts fragwürdige Einstellung zum Thema Datenschutz und Privatsphäre (und kummts ma jetzt bitte net mit irgendeiner LTSB-Version, die interessiert in kleineren Kommunen, die ihren Einkauf selbst organisieren dürfen und gar keinen Zugriff auf Datenkraken-befreite Volumenlizenzen haben, ungefähr niemanden) mit der Einführung von Win10 erstmal live und in großem Maßstab erfahren durfte, starten müssen.

Und dann ist sowas noch laaange nicht implementiert geschweige denn dauerhaft
gewartet.


Man kann auch jeden Engineering-Vorgang unnötig verkomplizieren.

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Re(3): "Katastrophal": Heftige Kritik an Linux-Aus in München
14.02.2017, 10:13:11
Es ist grundsätzlich legitim, "alte Zöpfe" mitzuschleppen. Was passiert, wenn man versucht, das Rad ständig neu zu erfinden, sieht man an AMD und deren "Bulldozer": Eine unausgereifte Architektur, die erst in ihrer vierten Ausbaustufe einigermaßen brauchbare Ergebnisse zu liefern wusste.

Allerdings halte ich persönlich es für höchst fragwürdig, die alten Zöpfe so lange mitzuschleppen, bis die Wartung und laufende Modernisierung aller Programme so teuer ist, dass man sich davon zwei Evaluierungs- und Implementierungsverfahren für ein ganzes Land leisten kann.

Wie march es bereits oben angesprochen hat: Husch & Pfusch, Improvisationen, Workarounds sind an der Tagesordnung, das ganze vielleicht auch noch ohne Dokumentation. Wie willst du sowas in den nächsten 20 Jahren fit halten, ohne dich als Entwickler mit deprecated APIs rumschlagen und irgendwelche Abstraktionsschichten implementieren zu müssen?

Hier geht es meines Erachtens nicht nur um die grundsätzliche Abwägung Windows vs. Linux (kannst auch Mac, oder gar ein Thin-Client-basiertes System mit HTML5-UI stattdessen einsetzen), sondern darum, dass diese Form des Betriebs einfach nur höchst ineffizient ist.

Aber es ist beruhigend zu wissen, dass so ziemlich jedes Amt eine Blackbox zu sein scheint, bei der eigentlich keiner weiß, wie es genau zugeht und bei denen Interoperabilität ein Fremdwort ist und dass der Steuerzahler diesen ineffizienten Haufen auch noch tagtäglich finanzieren darf.

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man kehrt nicht zurück, man war nie weg
14.02.2017, 16:52:28
von insg. ca. 20.000 Arbeitsplätzen wurden in 10 Jahren nur ~15.000 umgestellt. Das waren die leichten Fälle. Wie immer steckt die Arbeit in den ~20% Rest, und zwar weil:

"Viele städtische Angestellte behelfen sich mit selbstgeschneiderten Provisorien, im Jargon der Berater 'individuelle Umgehungslösungen'"

https://www.golem.de/news/muenchner-it-auf-dem-pruefstand-diese-studie-ist-schlecht-fuer-meinen-blutdruck-1603-119698-2.html

Wie in wahrscheinlich allen Firmen wird seit Einführung des PC viel in Eigenverantwortung der Fachabteilungen programmiert, weil das schneller geht als auf eine von der zentralen IT entwickelte oder gekaufte Lösung zu warten (falls sie überhaupt genehmigt wird).

Man findet hier alles vom einfachen Excel- oder Word-Makro über selbstgeschriebene Access-Datenbank-Frontends bis zur vom Abteilungsleiter aus dem eigenen Budget bezahlten Software vom freien Markt oder extern entwickelter Software. Natürlich alles für die spezielle Plattform entwickelt, i.e. Windows + Office.

Die 70 Programmierer sollten wohl alle die in dem Graubereich angesiedelte Software auf Linux portieren. Aber das ist nicht trivial. Manchmal ist erst gar kein Source-Code mehr vorhanden und wenn doch, dann setzt die Software auf Funktionalität von anderer Software auf, wie eben auf das Office-Paket oder auf weißderteufel welcher externen Software. Und/oder die Software ist lausig geschrieben, vor allem dann, wenn sich nicht-Programmierer am Codieren versuchen.

Es würde mich auch nicht wundern, wenn man noch dBase-Anwendungen aus DOS-Zeiten findet. Ich habe für eine öffentliche Verwaltung in den 1980ern unter dBase eine Anwendung zum Druck spezieller Serienbriefe geschrieben, die läuft dort heute noch unverändert, nur mittlerweile in einer DOS-Emulation auf dem Arbeitsplatz vom Sachbearbeiter. Kann man natürlich neu schreiben, aber ich möchte nicht der sein, der meinen Spaghetti-Code von damals reverse engineeren muß.

All' diese graue IT macht schon genug Probleme beim Releasewechsel. Ein Upgrade von Exchange 2003 auf 2010 in einer größeren Firma kann schon mal mehere Mannjahre Aufwand bedeuten, weil so viele kleine Programme in den Jahren geschrieben wurden, die exakt auf die Funktionalität von Exchange 2003 abgestimmt sind. Microsoft hat da und dort ein paar Funktionen in 2 Generationen Exchange geändert und schon funktioniert in der halben Firma irgendwas nicht mehr. Dinge, von denen man im Projektteam nicht mal wusste, daß sie existieren. Oder man hätte gleich gar nicht angenommen, daß man das mit Exchange überhaupt machen kann, aber ein findiger Ferialpraktikant kam vor Jahren auf die Idee. Dann kann man nur hoffen, daß a) der Source-Code noch vorhanden ist und b) irgendwer noch weiß, was das Ding *genau* macht.

Aber in einer in über 20 Jahren gewachsenen Infrastruktur mit 20.000 Arbeitsplätzen das Betriebssystem wechseln zu wollen, also das kann einem nur als Politiker einfallen, wo die Wahlperiode kurz genug ist, daß man sein Scheitern nicht mehr selbst verantworten muß.

14.02.2017, 16:52 Uhr - Editiert von peter.schordan, alte Version: hier
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