Berufsbild Architekt (Einkommen, Job-Chancen...)
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Re: Berufsbild Architekt (Einkommen, Job-Chancen...)
16.08.2020, 18:29:49
Ich bin Architekt. Inzwischen selbstständig.
Vor ein paar Jahren war die Situation noch so wie hier schon angedeutet. Viele Studenten in Architekturbüros, Dumping-Preise, illegale Beschäftigungsverhältnisse (Werkvertrag). Es hat aber dann ein paar Klagen gegeben, Anzeigen der Sozialversicherung usw.
Inzwischen sind alle die ich kenne angestellt oder freie Dienstnehmer.
Das Gehalt ist nicht berauschend, insbesondere das Einstiegsgehalt. Ich glaube 1700 brutto lt. Kollektivvertrag.
Wenige Büros zahlen mehr. Man muss allerdings auch sagen dass nach dem Studium noch einiges an technisches Wissen aufzubauen ist bis man richtig einsatzfähig ist.  
Aus der Uni kommen „Künstler“, der Job ist dann aber eher technisch.
Überhaupt haben die meisten ein falsches Bild von der Arbeit. Es werden keine Modelle gebaut und kaum schöne Bilder gezeichnet. Das Werkzeug ist trockenes technisches CAD, Excel, etc.
Es gilt auch: je hipper das Büro und die Projekte desto schlechter das Gehalt.
Wer sich für die technische Seite interessiert kann aber gleich in Richtung Bauingenieurwesen gehen, hier ist sicher für Angestellte langfristig bis zu 1/3 mehr Nettogehalt drinnen, bei entsprechender Spezialisierung, die aber dann wieder Eintönigkeit mit sich bringt.
In der Selbstständigkeit kann man sich als Architekt/Ziviltechniker schon ganz gut durchschlagen weil es viele Möglichkeiten gibt. Die ZT Prüfung ist aber nicht ohne, ähnlich der Baumeisterprüfung.
Am ehesten verdient man dann Geld mit Leistungen wie technische Gutachten, örtliche Bauaufsicht usw.
Wer wirklich kreativ und abwechslungsreich in der Branche tätig sein will, bzw. ohne viel Verantwortung angestellt bleibt (=„Projektleiter“) darf sich darauf einstellen dass es finanziell eng bleiben wird. Ich kenne wenige angestellte Architekten die mehr als 3500 brutto verdienen und das nach 20 Jahren Berufserfahrung.
Zusammengefasst: ich würde es eher nicht empfehlen. Es gibt aber sicher schlechtere Karrierewege.

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Re: Berufsbild Architekt (Einkommen, Job-Chancen...)
14.10.2020, 17:16:16
Ich kann kurz schildern, wie es vor gut 20 Jahren in Österreich war:

- Aufträge werden von österreichischen Unternehmen in den Ostblock vergeben, dort sitzen dann die billigen Arbeitskräfte und arbeiten für ein Butterbrot. Das fing schon vor der digitalen Ära mit ABISPLAN oder AUTOCAD an - auf Plänen ist nie ersichtlich, wer sie gezeichnet hat. Bei digitalen Plänen noch viel weniger.
- Gehälter für Absolventen der TU mit Erfahrung, die dem Gehalt einer Putzfrau entsprochen haben oder darunter (wer hier mit Kollektivvertrag etc. kommt, der kennt die Lage nicht) Meist wird auch nicht entsprechend eingestellt - man ist dann schnell technischer Zeichner, denn was nicht gebraucht wird, bekommt auch keinen Job.
- Architekturbüros kommen und gehen aufgrund der finanziellen Gefahr, bei Ausschreibungen sich zu verschätzen - fixer Arbeitsplatz war schon vor zig Jahren selten. Heute natürlich überall.
- Meist viel Änderungsarbeit, wo der AG sagt: Das hättest in der halben Zeit schaffen müssen, das ist Dein Bier. Überstunden bezahle ich Dir auch keine. Fertig muss es sein.
- starke Konkurrenz am Arbeitsmarkt durch arbeitslose Architekten aus allen Ländern - damit ergibt sich auch, dass der genommen wird, der die Hose am weitesten runterlässt.

Alles in allem für das Leben und die Psyche der schlechteste Job, den man sich aussuchen kann. Kann jedem nur abraten - bin selbst kein Architekt, aber habe das live miterleben dürfen.

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