Gesetzesverkauf durch geheim gehaltene Liste der historischen Fahrzeuge iSv § 2 Abs. 1 Z 43 KFG 1967
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Re: Gesetzesverkauf durch geheim gehaltene Liste der historischen Fahrzeuge iSv § 2 Abs. 1 Z 43 KFG 1967
13.11.2018, 02:35:13
Lieber Bechamel!

Deine Kritik ist nicht ganz unbegründet, aber auch nicht ganz richtig. Als jemand, der ganz guten Einblick in die Vorgänge beim Verkehrsministerium hat, möchte ich das gerne richtig stellen.

Daß Du mit dem blauen Verkehrsminister Hofer politisch nicht übereinstimmst, ist Dein gutes Recht, aber mit den Vorgängen bez. historische Liste hat er nichts zu tun. Das sind in Wirklichkeit rote Seilschaften, die schon lange höchst aktiv und rechtswidrig im Ministerium agieren. Der Minister weiß gar nichts davon, was die Genossen da machen.

Die hist. Liste war ursprünglich ein Buch von Eurotax, das als Nachschlagewerk für Sammler gedacht war. Dieses Buch war praktisch unverkäuflich. Darauf hin haben die Genossen im Jahre 1998 (!) beschlossen, daß die Liste von Eurotax zur historischen Liste des Ministeriums erklärt wird. Nachzulesen unter https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Erlaesse/ERL_11_000_20060502_001_BMVIT_190500_0002_II_ST4_2006/ERL_11_000_20060502_001_BMVIT_190500_0002_II_ST4_2006.html  , Punkt 2.1.1

Natürlich kümmern sich diese Leute nicht um Gesetze, wie z.B. das Urheberrecht. In der "Liste des Ministeriums", die in Wirklich die Eurotax Sammlerliste ist, steht folgender Urheberrechtshinweis:


Rechtevorbehalt und Haftungsausschluss:
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Es wurde unter der ehrenamtlichen Mitarbeit der im Beirat für historische Fahrzeuge beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie vertretenen Herren Ing. Karl Eder, Prof. Dipl. HTL-Ing. Friedrich Ehn, Dr. Winfried Kallinger, Ing. Walter Kuba, KR. Franz Steinbacher, Dr. Josef Nemeth, Ing. Werner   Steurer   und   Mag.   Karl-Heinz   Wegrath   erstellt.

Jede   Verwertung   bedarf   der   schriftlichen   Genehmigung   der EurotaxGlass’s  Österreich  GmbH.  Das  gilt  insbesondere,  aber  nicht  ausschließlich  für  Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,  Mikroverfilmung  und  die  Einspeicherung  und  Verarbeitung  in  elektronischen  Datenverarbeitungssystemen, ausgenommen ist die Vervielfältigung im Bereich von Sachverständigen-Gutachten.


Das Ministerium hat also gar keine Rechte an der Liste, die aber lt. §131b KFG sehrwohl Eigentum des Ministeriums sein soll, obwohl es keine Vereinbarung mit Eurotax gibt.

Durch diesen Schachzug konnte Eurotax den Ladenhüter plötzlich teuer in erheblicher Stückzahl verkaufen, weil alle betroffenen Kreise seit 1998 diese Liste brauchen, die ja Rechtswirkungen entfaltet und eigentlich einen Erlass darstellt. Genau das war das Ziel. Die Genossen wollten Eurotax ein Monopolgeschäft zukommen lassen und das lief so bis 2016. Eine reiche Ernte für Eurotax.

Eurotax hat dann all die Jahre diese Liste geführt, was eigentlich nur der Beirat tun dürfte, und Eurotax hat entschieden, welche Fahrzeuge sie in IHRE Liste einträgt. Damit hat Eurotax jahrelang rechtswidrig Erlässe produziert und die zuständigen Beamten im Ministerium wissen das natürlich. Die verschiedenen Minister haben das nie erfahren.

Der Beirat, der diese Liste führen müßte, tritt ein mal pro Jahr zusammen, wurde von Eurotax immer brav angefüttert und hat, wie man in den Beiratsprotokollen nachlesen kann, noch nie ein einziges Fahrzeug genehmigt. Das hat immer Eurotax gemacht und die "Liste des Ministeriums" gewinnbringend um 180.- exkl. Ust. verkauft.

Erst 2016 ist es den Leuten von Autopreisspiegel.at irgendwie gelungen, dieses Eurotax Monopol zu brechen, und die hist. Liste in elektronischer Form um 90.- exkl. Ust. anzubieten. Dadurch hat Eurotax so viele Kunden verloren, daß die Liste kein Geschäft mehr war.

Darauf hin haben Eurotax, ein Beamter im Ministerium und der Verein KHMÖ im Jahr 2017 ausgemauschelt, daß der Verein in Zukunft diese Liste führen soll und damit Erlässe produzieren soll, so wie das bisher die Firma Eurotax gemacht hat. Seit 1.1.2018 führt tatsächlich der Verein die Liste, die der Beirat führen müßte. Es ist natürlich kein Zufall, daß sich im Verein Leute finden, die auch im Beirat sitzen. Da der Beirat lt. Gesetz kostenlos arbeitet, holt man sich über diesen Verein steuerfreie Einnahmen, indem sie z.B. für eine Bestätigung 75.- exkl. Ust verlangen, die sie gar nicht ausstellen dürfen, sondern nur der Beirat ausstellen darf, und zwar kostenlos.

Diese ganze Liste ist jedenfalls ein riesengroßer Mist. Der Großteil in dieser Liste sind Fahrzeuge mit Erstzulassung vor 1955, aber diese Fahrzeuge sind ohnehin lt. Gesetz historisch und müssen in der Liste gar nicht angeführt werden. Das ist nur der Fall, weil die Liste eigentlich ein Nachschlagewerk für Sammler ist, aber das ist natürlich nicht die Aufgabe des Ministeriums. Die meisten Fahrzeuge nach 1955 gibt es Österreich gar nicht und sind somit ebenfalls für die Liste des Ministeriums nutzlos. Pro Jahr wird für ca. 300 Fahrzeuge ein Antrag auf Eintrag in die Liste gestellt. Nur diese Fahrzeuge, sofern sie vom Beirat genehmig wurden, dürften in der Liste aufscheinen, aber nachdem der Beirat noch nie ein Fahrzeug genehmigt hat, sind alle historischen Fahrzeuge eigentlich ohne Rechtsgrundlage unterwegs.

Der Umstand, daß diese Liste nach wie vor ein Nachschlagewerk für Sammler ist, das mangels Nachfrage aber nicht wirtschaftlich erschaffen werden kann, führt dazu, daß sich verschiedene Interessengruppen dafür stark machen, diese Liste weiter zu führen. Nur dadurch, daß die Liste Rechtswirkungen entfaltet, kann sie oft genug verkauft werden, sodaß die Sammler ihre geliebte Liste weiterhin haben können. Für die Zwecke des Ministeriums ist die Liste eigentlich nutzlos. Das könnte man viel einfacher und billiger mit einer gesetzlichen Regelung machen, die besagt, daß alle Fahrzeuge, die älter als 30 Jahre sind, als historisch gelten. Aber dann verlieren die Sammler ihre geliebte Liste und das wollen bestimmte Kreise um jeden Preis verhindern. Sollen doch alle Betroffenen solidarisch für das Hobby einiger Sammler bezahlen. Das ist gelebter Sozialismus bei Oldtimern.

Diese Liste ist auch dahingehend absurd, weil der Antrag nur erfolgreich gestellt werden kann, wenn das Fahrzeug in Ordnung und „unverbastelt“ ist. Ist das Fahrzeug erst einmal genehmigt, gilt die Genehmigung auch für alle anderen Fahrzeuge dieser Marke, Type, Motorleistung, …, egal in welchem Zustand das Fahrzeug ist und wie verbastelt es ist. Nur das erste Fahrzeug muß den Kriterien für ein historisches Fahrzeug entsprechen. Alle Weiteren nicht mehr. Das ist rechtliche Willkür.

Die Genossen werden dem Minister jedenfalls nicht erklären, welchen Mist sie seit 20 Jahren bauen, aber es gibt auch noch andere Kräfte im Ministerium und die Chancen stehen gut, daß die Liste gegen die Interessen der Sammler mit der nächsten KFG Novelle stirbt.

Würde der Beirat die Liste korrekt führen, dann enthielte sie ca. 300 Fahrzeuge pro Jahr und könnte leicht kostenlos auf der Website des Ministeriums angeboten werden. Der Umfang wäre überschaubar. Die tatsächliche Liste besteht aber aus lauter nutzlosem Datenmüll und ist dadurch so umfangreich, daß ein normaler Nutzer damit nichts anfangen könnte. Man müßte eine entsprechende Software entwickeln, und wenn das Ministerium so etwas in Auftrag gibt, kostet das aufgrund der vielen Einflußnehmer sicher mehr als 500.000.- Euro Steuergeld. Die Strukturen und Abläufe in einem Ministerium sind so kompliziert, daß selbst solche einfachen Programme zu enormen Kosten führen, die im Verhältnis zu den wenigen Nutzern nicht zu rechtfertigen sind. Es ist leider eine Tatsache, aber so etwas können Firmen wesentlich billiger anbieten.

Diese historische Liste ist bei Weitem nicht die einzige Mauschelei zwischen Eurotax und den Genossen.

In vielen Zulassungen steht der "Nationalcode". Diese Nummer kommt nicht, wie man vermuten könnte, vom Ministerium, sondern von Eurotax. Mit dieser Nummer ist ein Fahrzeug klar definiert, sodaß die Arbeit für Versicherungen, Händler, Werkstätten, Sachverständige, Leasingbanken usw. enorm erleichtert wird. Der "Nationalcode" ist eine wirklich gute Sache, aber ein Monopol für Eurotax.

Das Ministerium besitzt diese Codes nicht, und hat keinerlei Rechte daran, obwohl sie in öffentlichen Urkunden stehen. Mit dem Nationalcode kann man nur arbeiten, wenn man die Eurotax Stammdaten hat, und die muß man natürlich teuer kaufen. Wenn Eurotax die Daten an einen Konkurrenten nicht verkaufen will, muß sie das nicht, und jeder Konkurrent kann damit vom Markt fern gehalten werden. Selbst wenn man die Daten bekommt, sind sie ziemlich teuer, was sich natürlich auf die Preise auswirkt, und Eurotax nascht überall mit, weil die Genossen hier ein Monopol zugelassen haben, das weder nach österreichischem Recht noch nach EU Recht zulässig ist. Eurotax macht mit diesem Monopol ca. 4 Mio. im Jahr (nur die Monopoldaten, ohne die anderen Produkte !) und das zahlen letzten Endes die Autobesitzer. Danke, liebe Genossen! Mit fremdem Geld ist Euch nichts zu teuer.

Aber auch davon weiß der Minister (noch) nichts, denn die Genossen werden ihm nicht erzählen, welchen *PIEP* sie machen.

Mit dem blauen Minister politisch nicht übereinzustimmen, ist eine zulässige politische Meinung, aber in dieser Sache machst Du ihm zu Unrecht Vorwürfe. Er ist sehr engagiert, aber manche Dinge erfährt er nicht und jahrzentelanger roter Filz läßt sich nicht innerhalb von wenigen Monaten beheben. Das ist eher ein Projekt für mehrere Legislaturperioden.


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