Prozessuale Finessen von einem Juristen
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K&M - Prozess wegen 2 Jahre alter bezahlter Rechnung!!!
28.04.2004, 22:11:16
Hallo liebes Forum!

Habe mich extra hier wegen diesem Thema angemeldet und möchte auch gleich loserzählen.

Ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand für meine Lage Präzedenzfälle aufzeigen könnte, die mir beim Prozess weiterhelfen. Mitkläger bei einer eventuellen Sammelklage (K&M scheint ja sowas öfter abzuziehen) sind natürlich herzlich willkommen. Einfach hier oder per Mail melden. Danke im Voraus!

Nun die Story:
Vor 2 Jahren bestellte ich u.a. für 800€ ein Mainboard und eine Grafikkarte. Diese Bestellung war die damalig teuerste im Verbund mit anderen Bestellungen für einen neuen PC. Die Zahlung wurde wie schon immer per Nachnahme geregelt und lief damals glatt über die Bühne, wie auch davor und danach.
Vor einiger Zeit, 2 Jahre nach der Zahlung, flatterte mir ein Anwaltsschreiben ins Haus, ich solle doch bitte die ausstehenden 800€ begleichen - und das ohne vorherige Mahnung!! Ich dachte an einen schlechten Scherz, rief aber trotzdem mal beim K&M-Kundenservice an, der mir die weise Antwort gab, dass in ihrer Datenbank die Zahlung noch aussteht. Auf die Frage hin, wie ich dann das Zeug haben kann, da die Zahlung ja Nachnahme war, kam die lapidare Antwort, dass solche Probleme von der zuständigen Anwaltskanzlei geregelt werden und die Buchhaltung da nix machen kann - ah ja...
Nun gut, dann eben ein wenig Nachdruck; ich kontaktierte meinen Anwalt und beschrieb ihm die Lage. Auch er fand es äußerst komisch und nahm sich der Sache an. Nach einem halben Jahr Hickhack der Kanzleien stand nun vor 2 Wochen der Prozess an. Da ich dank dem schwachsinnigen deutschen Rechtssystem in der Beweispflicht war (fragt mich nicht warum), legte ich deutlich dar (man muss sich dabei vorstellen: K&M lässt die Originalrechnung, die ganz klar "NACHNAHME: BEZAHLT" vermerkt, nicht gelten!!), wie die Vorgehensweise der Firma war und dass eine strafbare Handlung meinerseits nicht möglich sein kann. Auch der Richter empfand die Handlungen der Firma als äußerst dubios, soweit man das seinen schmunzelnden Äußerungen entnehmen konnte. Allerdings hat K&Ms Kanzlei noch einen Nachforschungsauftrag laufen, deswegen wurde das ganze vertagt.
Mein Anwalt bat mich, im Internet nach Präzedenzfällen zu forschen, darum schreibe ich nun hier. Ich habe auch schon versucht, persönlich andere Betroffene zu kontaktieren (gibt ja dutzende von Beschwerde-Threads), nur leider ist hier die Anonymität des Internets kein Segen. Bisher hat sich von den 3 Leuten, die wenigstens ihre EMail-Adresse öffentlich kenntlich machten, keiner gemeldet, die restlichen 20-30 waren gar nicht zu erreichen.

Ich hoffe nun, auf diesem Weg etwas Resonanz zu bekommen, danke schonmal im Voraus und verbleibe mit Grüßen.

Franz Berwein


P.S.: Ich bin 20 Jahre alt .. wenn man einen Vergleich mit anderen Betroffenen zieht, scheint sich die Firma bzw. deren Anwaltskanzlei tatsächlich auf die Altersgruppe 18-25 einzuschießen, die wohl in solchen Fällen weniger Erfahrung haben und dann lieber gleich zahlen oder sich keinen Anwalt leisten können. Perfide...

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Prozessuale Finessen von einem Juristen
29.04.2004, 19:05:27
Zunächst einmal: Ich kann Deinen Ärger verstehen, umgekehrt aber empfinde ich Deine Sublimierung, die dieses Thema mit den Weihen des „deutschen Unrechtsstaates“ bedenkt, degoutant. Solcherlei Floskeln verbieten sich.

Ein wenig muß ich über den Fall, den Du eingangs vorgetragen hast, auch schmunzeln. Unlängst habe ich in einem anderen Forum just diese – damals noch hypothetische – Szenerie als Malus angeführt, den man der Nachnahmezahlung zurechnen darf. Ausgangspunkt ist hier §270 BGB. Die Gefahr für die Übermittlung von Geld trägt der Schuldner. Veruntreut der Post-Bote das eingezahlte Geld, wird der Schuldner nicht von seiner Zahlungspflicht frei, die sich aus dem Kaufvertrag ergibt. (Bei dem Thema ging es um die Risiken der Vorkassezahlung)

Ich weiß nicht, wie fix Dein Anwalt ist. Gegebenenfalls sollte er aber im Rahmen der Widerklage basierend auf der sogenannten Drittschadensliquidation Ansprüche gegen das Transportunternehmen über K&M geltend machen. Um es laienkompatibel zu erklären: Der Verkäufer bedient sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Kaufvertrag eines Transportunternehmens. Mit diesem schließt er einen Werkvertrag ab mit dem Inhalt, eine bestimmte Sendung an einen bestimmten Ort zu übersenden und diese gegen eine Geldzahlung zu übergeben. Erfüllt das Transportunternehmen diesen Vertrag nicht, oder nicht richtig, hat im Falle des Zahlungseingangs der Verkäufer keinen Schaden, da der Käufer auch weiterhin wegen §270 zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist. Umgekehrt hat der Käufer keinen Anspruch gegen das Transportunternehmen, da Schuldverhältnisse relativ sind. Daher bedient man sich der Rechtsfigur der DSL, um diesen Mißstand zu beseitigen.

Man sollte dieses Instrumentarium in Erwägung ziehen. Im Rahmen der Forderungsabtretung besteht auch ein Auskunftsrecht (§402 BGB), was die eigentliche Finesse dieses Schachzugs wäre, denn demnach muß K&M die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft erteilen. Demnach müßte K&M genau das tun, was sie im Moment wohl verweigern oder wegen schlampiger Buchhaltung (immer gesetzt den Fall, daß Deine Angaben stimmen!) nicht können: Nachweis über den Zahlungseingang erbringen. Somit spielt man elegant den Zankball zurück.

Schlage das mal Deinem RA vor und teile mir mit, wie es weitergeht.

Mit juristischen Grüßen!

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..  Monolog 2. Teil  (Gibson am 25.05.2004, 19:08:33)
 

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