Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
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Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
21.11.2016, 15:16:32
Mahlzeit, es geht um folgenden Sachverhalt....

Herr A. kauft am 15.11 ein älteres KFZ privat von Frau B. ohne Ankaufstest ,mit *üblichem Kaufvetrag*wie besichtigt Probe gefahren bla bla..,mit positiver Prüfplakette vom 19.10.16.
Der Prüfbericht weißt 3 leichte Mängel auf,davon einer mit einem leichtem Gelenkspiel,
die anderen sind altersbedingt oder erst nächstes Jahr zu beheben.
Fahrzeug wird abgemeldet/angemeldet,Herr A. vernimmt doch ein leichtes Poltern am nächsten Tag
und möchte sich das bei einem ihm gut bekanntem RICHTIGEN Mechaniker ansehen lassen.
Bevor er an diesem Tag aber zu der Besichtigung kommt, begrüsst ihm bei einem Startvorgang
die Steuerkette und rasselt bis zur Werkstatt vor sich hin. Mechaniker weißt darauf hin das hier die Steuerkette im *tröööt* ist ,was Herr A. schon vermutete.
Mechaniker hebt das KFZ auf und möchte sich das erwähnte Spiel ansehen,welches aber seinem ermessen nach,gar nicht vorhanden ist. Stattdessen fällt ihm auf,daß 3 weitere Mängel vorhanden sind (2 davon schwer) und er hier gar keinen positiven Bescheid ausgestellt hätte.
Herr A. macht sich auf den Weg in die sehr renommierte Prüfanstalt und wird auf die Bühne gebeten um sich das anzusehen.
Derselbe Prüfer gesteht seine Unachtsamkeit ein,es wird bildlich/schriftlich festgehalten und man wird sich bei Herrn A. die Tage melden.
Herr A. kontaktiert Frau B. die sehr schockiert ist und sich das schwer erklären kann,auch die Steuerkette versteht sie nicht,ihr Mann wird sich melden,was er auch macht,jedoch unfreundlich,
abweisend,aber auch eingestehend daß das KFZ *witterungsbedingt* öfter mal so rasselte.
(Stichwort: verschwiegener Mangel)
Von ihm kann Herr A. jedoch nichts erwarten,da liegt der Fehler an dem Prüfler und fertig.

So,jetzt stellt sich die Frage...
1. Ist Herr/Frau B. wirklich aus dem Schneider,da sie teils unwissend (Prüfung),teils wissend (Steuerkette) das KFZ verkauft haben?
2. Herr A. hätte das KFZ unter den richtig erstellten Mängel so nicht gekauft,somit hätte er auch nicht eine defekte Steuerkette zu reparieren.
Wer steht Herrn A. jetzt für welches Schlamassel gerade?


mfg


21.11.2016, 15:29 Uhr - Editiert von schnorrer75, alte Version: hier
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Re: Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
21.11.2016, 22:36:09
Es lässt sich im Grunde schon etwas eingrenzen:
Wie bereits erwähnt, bei vollständigem Ausschluss der Gewährleistung (so zB NICHT im Standard-ÖAMTC-Kaufvertrag vorgesehen, den ich daher als Privatverkäufer nur sehr ungern verwenden würde) wird eine Rückabwicklung mangels nachweisbarer, den Verkäufern zurechenbarer Irrtumsveranlassung mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern.
Einzig dann, wenn durch die Mängel der Wert des Gefährtes unter der Hälfte des Kaufpreises zu liegen kommt, ist eine Anfechtung wegen der guten, alten* Verletzung über der Hälfte (§934 ABGB), die lustigerweise gerade unter Privaten nicht ausgeschlossen werden kann, wieder durchaus chancenreich.

*der Text dieser Bestimmung steht meines Wissens heute noch in der Urfassung des AGBG aus 1812 in Geltung, für digital natives also fast unlesbar:

§ 934. Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten, so räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung, und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Werthe zu ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.

Das ist damit auch das Risiko, das ich allgemein bei privaten Geschäfen (rechtlich) eingehe, wenn die Gewährleistung ausgeschlossen wurde: Verlust der Hälfte meines Gegenwertes.

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Re(5): Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
24.11.2016, 01:34:52
9Ob3/09w


"...Haftungsbeschränkungen oder -ausschlüsse sind ganz allgemein nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB) auszulegen (RIS-Justiz RS0016561). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass bei Auslegung des Gewährleistungsverzichts nicht nur am Wortlaut (hier "... Gewährleistung absolut ausgeschlossen ...") zu haften ist, sondern für die Erforschung der Parteienabsicht auch die Umstände des Vertragsschlusses ...... Zieht man hier in Betracht, dass die Käuferin zunächst ausdrücklich auf Gewährleistung bestehen wollte und von dieser Forderung erst abrückte, nachdem einvernehmlich eine § 57a KFG-Überprüfung vorgenommen worden war, deren Gegenstand insbesondere die Verkehrs- und Betriebssicherheit (§ 57a Abs 1 KFG) ist, muss jedenfalls die Fahrtüchtigkeit des Kaufgegenstands als zumindest schlüssig vereinbart gelten. Diese war aber - siehe die obigen Ausführungen zum „latenten Mangel" - gerade nicht gegeben, sodass der Gewährleistungsverzicht entsprechend einschränkend auszulegen ist und die Klägerin ihre auf Gewährleistung gestützten Ansprüche nicht verloren hat."

Das nähert sich dem geschilderten Sachverhalt.

siehe
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20090224_OGH0002_0090OB00003_09W0000_000

24.11.2016, 02:13 Uhr - Editiert von hadaba, alte Version: hier
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Re(2): Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
23.11.2016, 18:39:40
-oder Irrtum in Betracht

War auch mein erster Gedanke, aber da wirst wohl in das Problem laufen, dass es sich hier um keinen Geschäftsirrtum sondern wohl eher um einen Motivirrtum (Wertirrtum) handelt, welcher aber bei einer Anfechtung nach §871 ABGB bekanntlich nicht beachtlich ist.

Laesio enormis könnte eventuell ziehen, dazu müsste man aber natürlich den Wert des Wagens mit und ohne Schaden wissen, ob man auf die 50% kommt.

Wobei es da vielleicht eher in eine ganz andere Richtung gehen sollte, nämlich, dass man den Prüfer in die Pflicht nimmt, weil der in der doch recht strengen Sachverständigenhaftung ist.
Nur da hast du das Problem, dass DAFÜR erst mal ein Schaden vorliegen muss. Damit meine ich jetzt nicht die Steuerkette, sondern es muss jetzt erst mal der Vertrag zwischen A und B angefochten werden und dem A (also dem Verkäufer) daraus ein Schaden entstehen (weil er B die Reparatur zahlen muss oder weil er ihm wegen der laesio enormis Geld zurückgeben muss). Dann erst wird er einen Schadenersatz ex contractu gegen den Prüfer einklagen können.

Ist eine recht(lich) verzwickte Situation und am Besten ist es da, wenn der Käufer da den ÖAMTC (wir gehen mal davon aus, dass die den Mist gebaut haben) direkt in die Pflicht nimmt. Wenn die ihren Fehler schon zugegeben haben werden sie sich hoffentlich den Rechtsweg sparen wollen und sich hier einsichtig und kulant zeigen (und sei es, dass sie eben die Steuerkette auf eigene Kosten richten, ich nehme ja an, Mechaniker genug haben sie dafür).

Just my 2 Cents.

lg
Cereal

Ich bin seit fast einem Jahr zu faul um mir eine neue Signatur auszudenken, drum hat das jetzt ein alter haariger gutaussehender Admin für mich gemacht.

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Re: Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
23.11.2016, 12:08:11
Viele Details wurden ja schon ausreichend diskutiert und auch mein Hinweis, der Fall ist so speziell, dass in Anwalt hinzuzuziehen ist und selbst dieser kann für nichts garantieren. (Der Anwalt  wird wahrscheinlich immer dazu raten den Fall angehen zu wollen, $$$$)
Hier noch einmal kurz meine Einschätzung.

1. Unwissenheit schützt generell vor Strafe/Verantwortung nicht!
Nach besten Wissen/Gewissen des Verkäufers hat er das Auto mit den bekannten Mängeln verkauft.
Täuschung oder arglistig Verschwiegene Mängel sind in diesem Fall wohl eher nicht anzusetzen, da der Verkäufer sich auf die "Expertenmeinung" verlässt. Wohl aber "versteckte" Mängel, da die "Expertenmeinung" falsch war.
Hier wäre zu klären was der Vertrag (oder z.B. ein ähnliches Gerichtsurteil) hinsichtlich "versteckter" Mängel hergibt. Garantie/keine Garantie? Rückabwicklung möglich? etc.

2. Zunächst Mal steht niemand gerade, solange 1. nicht geklärt ist.
WENN in einem (Gerichts)Verfahren festgestellt würde, dass der Verkäufer einen erheblichen versteckten Mangel zu vertreten hat, ist dieser der direkte und auch einzige Ansprechpartner für den Käufer.
Der Verkäufer wiederum muss dann nachranging an die KFZ Werkstatt herantreten und seinen Schaden aufgrund der miserablen Einschätzung des KFZ-Sachverständigen darlegen.

Die KFZ Werkstatt hat aber mit dem Käufer nichts zu tun.


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Re: Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
24.11.2016, 17:54:51
Es könnte eventuell - wenn der Wert durch die entdeckten Mängel jetzt unter die Hälfte des bezahlten Preises fällt - Folgendes greifen:

Verkürzung über die Hälfte


Eine Verkürzung oder Verletzung über die Hälfte liegt vor, wenn bei einem entgeltlichen Rechtsgeschäft ein Vertragsteil weniger als die Hälfte dessen bekommt, was der andere Vertragsteil als Gegenleistung erhält. Für die Beurteilung des Missverhältnisses ist der "gemeine Wert" (Marktpreis) des Vertragsgegenstandes im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgebend.

Der benachteiligte Vertragsteil kann durch Klage die Aufhebung des Vertrages verlangen, der andere Vertragteil kann aber das Geschäft dadurch aufrechterhalten, dass er die Differenz auf den Marktpreis aufzahlt. Das Recht auf Vertragsanfechtung kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden, es verjährt binnen 3 Jahren nach Vertragsabschluss (§ 934 ABGB). Kaufleute können im Rahmen ihres Unternehmens geschlossene Geschäfte nicht wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten (§ 351a Handelsgesetzbuch).

Weiters ist die Vertragsanfechtung ausgeschlossen, wenn die Übernahme zum Liebhaberpreis erfolgt ist bzw. bei Vertragsabschluss der wahre Wert bekannt war und dies ausdrücklich im Vertrag festgehalten ist. Auch beim Erwerb im Wege einer gerichtlichen Zwangsversteigerung ist die Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte ausgeschlossen.

Euer
CWsoft Galerien auf
http://weinzettl.info
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Re: Wer hat hier den schwarzen Peter? Rechtliches Wissen gefragt!
08.12.2016, 20:33:16
Leider ist der Sachverhalt etwas unklar. sorry wenn das schon wo beantwortet wurde, hab keine Zeit alle Postings zu lesen: Was heißt Kaufvertrag wie üblich?

Grundsätzlich gibts folgende Aspekte zu beachten:
Was hat A. gewusst als er das Fahrzeug gekauft hat?
Wenn ich es richtig verstehe, gabs einen Prüfbericht mit diversen Mangelfeststellungen, die aber nicht mal mit dem realen Zustand übereinstimmten.
Wurde dieser Prüfbericht dem Kaufvertrag zugrundegelegt (integrierender Bestandteil)?
Davon wiederum hängt der "rechtliche Wert" des Prüfberichts ab.

Generell:
Wenn A alle Mängel wusste (auch die nicht im Prüfbericht stehen), dann hat er wohl Im Bewusstsein dieser Mängel gekauft. Wird also eher ihm zuzurechnen sein.

Wenn A die Mängel nicht wusste, gibts abhängig davon was im Kaufvertag steht, einige Varianten:
1) Wenn die Mängel wesentlich sind und B diese wusste (egal, was in einem Prüfbericht steht) und diese Mängel dem A bewusst verschwiegen hat, könnte man über Irrtumsanfechtung und damit Rückabwicklung nachdenken.
Zusätzlich, wenn dem so wäre, müsste man strafrechtlich fast an Betrugs denken (Hilft oft beim Nachdenken, hier des B)
2) Wenn diese "hohe Hürde" "Irrtum bewusst herbeigeführt" nicht greift, ist ist Gewährleistung zu prüfen. Hier hängt es vom Kaufvertrag ab, ob diese ausgeschlossen wurde und allenfalls warum (Wurde A wider Treu und Glauben dazu gedrängt, ob der Mangelfreiheit dem zuzustimmen)?
3) Theoretisch wäre Laesio enormis (Verkürzung Hälfte denkbar), ist halt zu beweisen dass die Kiste weniger als 50% des Kaufpreises wert ist.

Wie gesagt, das sind allererste Gedanken, die sich mit kleinsten Verschiebungen (Was steht im Vertrag, welche Stellung wurde dem Prüfgutachten beigelegt etc.) jeweils ganz eigen/anders entwickeln können.

So ist das oben auch keine "Auskunft", das ist mangels genauen Sachverhaltes auch nicht möglich.
Hoffe es hilft dennoch.
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