Fehlende Parifizierung bei Wohnung
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Re: Fehlende Parifizierung bei Wohnung
25.12.2023, 12:07:53
Wahnsinn, wieviel gefährliches Halbwissen und echter Blödsinn hier in dem fred steht.

OK, die Thematik ist extrem komplex und man könnte mit Erklärungen dazu ganze Bibliotheken füllen, aber ich versuchs mal ganz einfach.

Also mal grundsätzlich:

Wenn du eine Wohnung kaufst, dann kaufst du IMMER einen definierten Anteil an der Liegenschaft. Also Hausnummer 82/820, wenn du 82m² kaufst und es 10 Wohnung á 82m² = 820m² gibt.

Das ist aber die einzige und letzte Gemeinsamkeit zwischen schlichtem Miteigentum (also einem einfachen Hausanteil ohne Parifizierung) und einer parifizierten ETW.

zuerst zum Miteigentum:
Du bist dann Minderheiteneigentümer einer Immobilie. Ohne gesondertem Nutzungsrecht. Das "Recht" an "deiner" Wohnung ist nur ein scheinbares, weil es nicht exklusiv ist.
Außerdem bist du immer von einer Teilungsklage bedroht, die JEDER andere, auch nur Minderheiteneigentümer einbringen kann. Die ist zwar weniger gefährlich als sie klingt, weil gerade bei einem Haus ist eine Naturteilung ja wirklich einfach (=jeder bekommt als Eigentum seinen Anteil, den er jetzt schon hat). Im Prinzip ist das dann eine Zwangsparifizierung durchs Gericht.
Rein theoretisch könnte eine Teilungsklage auch zur Zwangsversteigerung des zu teilenden Gegenstandes führen. Dann währst du (gegen Anteil am Versteigerungserlös) deinen Anteil los. Aber das ist wie gesagt rein theoretisch, Liegenschaften werden, wenn irgendwie möglich immer real geteilt.

Rechtlich bist du mit deinem Anteil schlichter Miteigentümer und unterliegst den Bestimmungen des ABGB. Auch was die Findung von Mehrheiten angeht, also 50%+1 oder einstimmig. Mietrechtlich unterliegst du dem MRG in der jeweils gegebenen Anwendbarkeit.


Jetzt zur parifizierten ETW:
Hier hast du ebenfalls einen 82/820tel-Anteil am Ganzen, aber diesmal mit einem grundbücherlich verbrieften Alleinnutzungsrecht an (jetzt wirklich) DEINER Wohnung. Egal, was andere Eigentümer mit ihren ANteilen machen, verkaufen, verschenken, in Konkurs gehen, völlig egal: DEINE Wohnung wird IMMER dir gehören, und NUR DIR.

Außerdem gibt es bei Parifizierung zwingend einen Wohnungseigentumvertrag. Da steht ALLES drinnen, was dein Eigentum, deine Rechte und Pflichten umfaßt. Daher genau lesen und prüfen. Da steht auch drinnen, wem die KFZ-Abstellplätze im Hof gehören und eben keinem (Allgemeingut). Ob jeder für alle Fenster und Türen verantwortlich ist oder jeden Eigentümer für seine in seinem Eigentumsbereich. Und, und,. und, ...

Rechtlich gilt für dich das WEG. Mit allen nach wie vor vorhandenen Tücken und Fallen, aber auch mit den darin vorgesehenen Erleichterungen zur Mehrheitsfindung (zB vereinfachte Mehrheiten und der Zustimmungsfiktion bei Stimmenthaltung)

Zusammenfassung: welches Risiko du hast? Vom Blick aufs Eigentum her eher wenig, denn die Wohnung wird dir jedenfalls bleiben. Verkaufen kannst sie aber kaum, wenn du nur einen Minderheitenanteil hast. Denn nur bescherte kaufen sowas.
Weil die Risiken sind: viel Ärger! Ja, schön, wenn beabsichtigt ist, irgendwann zu parifizieren. Aber wer garantiert, wann das sein wird? Natürlich: auch du kannst ne Teilungsklage anzetteln und so deine ETW "erzwingen", aber das dauert mitunter lang, kostet ne Menge Kohle und kostet vor allem viele Nerven.
Daher mein Rat: wenn du eine ETW willst, dann kauf eine. Und keinen Minderheitenanteil. Außer, es ist extrem billig und etwas Aufregung in deinem Leben ist dir angenehm.

Ach ja: steuerlich wurde schon erwähnt. Befreiung von der ImmoEST gibts nur für ETWs, nicht Hausanteile. Wenn der Anteil aber parifiziert wird, fällt die dann geschaffene ETW aber wieder unter die Befreiungsregel. Das nur am Rand.

bei konkreten Fragen: einfach nachfragen ;-) Ist etwas schwierig, da einfach "ins Blaue" was zu raten.


mfg
AVS



aus gegebenem Anlaß: keine Toleranz für Vladolph Putler!


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Re(3): Fehlende Parifizierung bei Wohnung
26.12.2023, 12:38:17
     Du bist dann Minderheiteneigentümer einer Immobilie. Ohne gesondertem
    Nutzungsrecht. Das "Recht" an "deiner" Wohnung ist nur ein scheinbares,
weil
    es nicht exklusiv ist
Was würde das im Konkreten heissen bzw. wie wirkt es sich konkret aus?

abstraktes Beispiel: Du und einem 2 gehört ein kleines Haus. Du wohnst unten, der andere im oberen Stock. Dazu gibts eine Nutzungsvereinbarung. Der andere verkauft seinen Anteil. Der neue Eigentümer sitzt aber im Rollstuhl und will, um den Garten genießen zu können, lieber unten wohnen und sich die Stiegen sparen. Er kündigt die Nutzungsvereinbarung und zwingt dich mit Hilfe des Gerichtes in den Oberstock zu ziehen-. Oder er macht Teilungsklage und bringt das Haus zur Versteigerung, wo er dann deine Hälfte kauft.
Sprich, eine Teilungsklage könnte hier einen Verkauf erzwingen mit offenem
Erlös? Was könnte eine Teilungsklage sonst erwirken?
nein. Bei deinem Wohnhaus kommt es nicht zum Verkauf (Versteigerung), sondern zur Realzteilung. Aus jeder Wohnung wird eine Wohneinheit und diese Einheiten werden dann unter den Besitzern aufgeteilt.
     Verkaufen kannst sie aber kaum, wenn du nur einen Minderheitenanteil hast
Weil ich nicht darf bzw. die Einwilligung aller anderen Eigentümer bedürfte,
oder weil es niemand kaufen würde?
nein, Einwilligungen brauchst du nicht, aber kein vernünftiger Mensch kauft einen 5 oder 10% Anteil eines Hauses im schlichten Miteigentum.
     Denn nur bescherte kaufen sowas
Womit sich die Frage ob ich so ein Objekt kaufen sollte, eigentlich selbst
beantwortet, wenn ich das richtig verstehe.
jein. Wenn der Preis stimmt, kann man alles kaufen. Es muß halt nur klar sein, daß in Zukunft noch ne Menge rechtliche Hürden auf einen zukommen. Hürden, die auch Kosten verursachen.
     Natürlich: auch du kannst ne Teilungsklage anzetteln und so deine ETW
    "erzwingen"
Würde damit das Objekt nicht zwangsversteigert oder jeder bekäme einen Anteil?
NEIN, da erfolgt Realteilung. Das hab ich jetzt schon 3x beschrieben ;-)
     Außer, es ist extrem billig und etwas Aufregung in deinem Leben ist dir
angenehm.
Das Objekt wäre an sich günstiger, wobei "extrem billig" natürlich noch immer
relativ
ist.
wie gesagt: wenn der Preis paßt, warum nicht? Nur wenn eh klar ist, daß parifiziert werden soll: warum wurde es noch nicht gemacht? Wer oder was spricht dagegen? Ist das ein Neubau? Oder Altbau? Wo vielleicht die Pläne deutlich vom IST abweichen? Dann brauchst Gutachter, nachträgliche Genehmigungen/Eintragen usw.
Jedenfalls brauchst ein Nutzwertgutachten, ein Wohnungseigentumsvertrag, no na die Unterschriften ALLER Mitbesitzer, usw. Das kostet, Zeit UND Geld. Wenns einem das wert ist bzw in den niedrigeren Kaufpreis eingepreist ist, dann ist es OK.

mfg
AVS



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