Überholen auf Landstraßen
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Überholen auf Landstraßen
04.05.2023, 17:04:02
Meine Tochter hat einen Unfall mit dem Auto gebaut und ich versuche ihr möglichst objektiv dabei zu helfen.

Sie hat einen LKW und ein davor fahrendes Auto auf der Landstraße überholt - vermutlich weil sie "langsamer geworden sind". Das Auto (vor dem LKW) wollte aber irgenwann links auf einer Kreuzung abbiegen. Genau zu diesem Zeitpunkt ist meine Tochter beim Überholen auf seiner Höhe gewesen und sie sind kollidiert.

Ist alles übrigens genau hier passiert:
https://goo.gl/maps/91zptNAMp7CcUdmy6
Beide sind auf der B1 Richtung Strengberg gefahren, auf diese Kreuzung wollte der Überholte Richtung Ottendorf abbiegen)

Ich frag mich wie das genau in der StVO geregelt ist.

Aus Sicht des Übrholenden: Muß ich beim Überholen immer damit rechnen, dass eine Kreuzung kommt (die man evtl. nicht früh genug sieht) und dass der Überholte evtl links abbiegen will? Wenn ich mich auf gleicher Höhe befinde, sehe ich evtl. seine Blinker auch nicht. Wenn man ortsunkundig ist, dürfte man ja kaum ruhigen Gewissens überholen, denn man kann ja nicht alle Kreuzungen.

Aus Sicht des Überholten: Muß ich beim abbiegen auf Fahrzeuge achten die mich genau dann überholen wenn meine Kreuzung zum Abbiegen kommt. Darf ich nur dann Abbiegen wenn ich mich davon überzeugt hab, dass mich niemand gerade überholt? Hätte ich auf der Landstraße noch nie gemacht - zumindest nicht bewußt.

Ich nehme an, nicht jede Landstraße ist automatisch eine Vorrangstraße - die, deswegen dürfte man im Bereich von-und-auf Kreuzungen nicht überholen - In diesem Fall ist aber die B1 als Vorrangstraße ausgeschildert. Insofern dürfte man ja im Kreuzugsbereich überholen.

Da kommt aber das Gefahrenzeichen "Gefährliche Kreuzung" mit im Spiel - hätt man darauf Rücksicht nehmen müssen und nicht überholen dürfen?

Was ist wenn man das Zeichen aufgrund des Überholens von einem LKW nicht gesehen hat?

Wie ist denn das im Detail? Welche Vorschriften gelten für solche Konstellationen?




04.05.2023, 17:18 Uhr - Editiert von codeslayer, alte Version: hier
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Re(2): Überholen auf Landstraßen
04.05.2023, 17:42:05
Danke erstmal für das Heraussuchen des Paragraphen,



Der Unfallgegner hat zu Protokoll gegeben:

"...Hinter meinem Fahrzeug fuhr ein LKW. Bei Straßenkilometer 148,800 setzte ich den linken Blinker und verringerte meine Geschwindigkeit wie
auch der LKW hinter mir, da ich nach links auf die L6103 in Richtung Ottendorf einbiegen wollte. Gerade als ich abbiegen wollte und nach links lenkte fuhr ein überholender PKW gegen meine vordere linke Fahrzeugecke. Ich denke nicht, dass ich Schuld an diesem Unfall habe, da ich rechtzeitig meinen linken Blinker gesetzt und meine Geschwindigkeit verringert habe. Ich weiß nicht warum der nachkommende PKW den LKW überholt hat und mich überholen wollte"

Meine Tochter ist der Ansicht (so hat sie es mir erzählt):
"...er hat den Blinker erst gesetzt als ich fast auf seiner Höhe war und hat dann kurz darauf nach links zum Abbiegen gelenkt."


Im Protokoll steht ihre Aussage so:
" Ich fuhr hinter einem LKW und vor diesem fuhr ein PKW. Kurz vor der Kreuzung zur L6103 wollte ich den LKW und den davor fahrenden PKW überholen. Als ich auf Höhe des PKW war, bog dieser nach links ein. Ich habe leider zu spät gesehen, dass er den linken Blinker gesetzt hatte und kollidierte trotz einer Vollbremsung mit dem PKW und der Leitschiene auf der linken Straßenseite. Ich denke schon, dass ich Schuld an diesem Unfall habe, da ich den Blinker zu spät gesehen habe.“

Allerdings wurde das kurz nach dem Unfall aufgenommen und sie war noch leicht unter Schock nach dem Crash. Darf man solche Aussagen dann überhaupt rechtlich verwerten "...Ich denke schon, dass ich Schuld an diesem Unfall habe...".

Generell bzw. dem Paragraphen nach ist ja eigentlich egal wann und ob er den Blinker gesetzt hat bzw. ob meine Tochter den gesehen hat oder nicht - er hätte sich überzeugen müssen, dass er nicht überholt wird, korrekt?


Die Versicherung vom Unfallgegner putzt sich erstmal ab: "
"Wir haben unsere Unterlagen geprüft und können kein Verschulden auf Seiten des bei uns versicherten Unfallgegners feststellen."


Was soll ich ihr Raten? Sie ist zumindest ÖAMTC Mitglied mit Schutzbrief. Soll sie dort zur Rechtsberatung gehen?
Ich kann ja nicht mit ihr überall hinlaufen, sie ist ja schon 27 - es ist halt trotzdem ihr erster Unfallschaden der auch noch etwas uneindeutig ist.


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......................
Re(22): Überholen auf Landstraßen
07.05.2023, 21:14:39
Da machst du es dir etwas einfach:



8 Ob 217/71
Entscheidungstext OGH 21.09.1971 8 Ob 217/71
nur: Hat der Lenker eines Fahrzeuges seine Absicht, nach links abzubiegen rechtzeitig angezeigt (§ 11 Abs 2) und sich davon überzeugt, dass niemand zum Überholen angesetzt hat (§ 12 Abs 1), dann ist er nicht verpflichtet, unmittelbar vor dem Abbiegen nach links noch einmal den nachfolgenden Verkehr zu beobachten. (T3); Beisatz: In Ausnahmefällen, wenn nach den Umständen mit dem Entstehen einer unklaren Verkehrslage, insbesondere damit zu rechnen ist, dass die folgenden Verkehrsteilnehmer nicht ausreichend erkennen können, dass und wo nach links abgebogen werden soll, kann die Notwendigkeit bestehen, sich unmittelbar vor dem Abbiegen noch einmal davon zu vergewissern, dass es ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geschehen könne. (T4) Veröff: ZVR 1972/150 S 295



8 Ob 260/82
Entscheidungstext OGH 02.12.1982 8 Ob 260/82
nur T3; Beis wie T6; Beis wie T7; Beisatz: Pflicht zu nochmaligem Blick in den Rückspiegel, wenn Linksabbiegemanöver nur durch Betätigung des Blinkers, auf Grund der Fahrbahnbreite jedoch nicht zusätzlich durch Einordnen zur Fahrbahnmitte, angezeigt werden kann. (T19) Veröff: ZVR 1984/28 S 44


...

Also, wenn hinter mir ein LKW die Sicht für andere PKW versperrt, muss ich wohl noch einmal schauen.

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Der ärgste Feind und Verderber der Menschen [ist] der auf Denkfaulheit und Ruhebedürfnis beruhende Drang nach dem Kollektiv. (Hermann Hesse)

- Laut einer Umfrage unter 399 Spielern ist Russisches Roulette völlig ungefährlich!
- Österreichische Mentalität in einem Satz: "wenn wir mehr Steuern zahlen, kriegen wir mehr Gratisleistungen!"


07.05.2023, 21:17 Uhr - Editiert von Lazy Jones, alte Version: hier
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Re(3): Überholen auf Landstraßen
04.05.2023, 19:34:09
Erklär das einer 20+ jährigen Frau die ganz gerne viel erzählt wenn jemand den
Anschein macht zuzuhören ;-)

Gerne.
Gegenüber Gerichten und der Polizei gelten eiserne Regeln:
du redest NUR, wenn du gefragt wirst
du beantwortest NUR und EXAKT NUR, was du gefragt wurdest
du fügst nix hinzu, du erklärst nix, du interpretierst nix, du machst GAR NICHTS. Außer auf den Punkt antworten. Und keine Silbe mehr.
" Ich fuhr hinter einem LKW und vor diesem fuhr ein PKW. Kurz vor der Kreuzung zur L6103 wollte ich den LKW und den davor fahrenden PKW überholen. Als ich auf Höhe des PKW war, bog dieser nach links ein. Ich habe leider zu spät gesehen, dass er den linken Blinker gesetzt hatte und kollidierte trotz einer Vollbremsung mit dem PKW und der Leitschiene auf der linken Straßenseite. Ich denke schon, dass ich Schuld an diesem Unfall habe, da ich den Blinker zu spät gesehen habe.“

Ich fuhr hinter den LKW. Als die KFZ vor mir langsamer wurden, setzte ich zum Überholen an und überholte den LKW. Erst als ich auf Höhe des PKW war, blinkte dieser für mich sichtbar und bog so unvermittelt nach links ab, daß ich einen Zusammenstoß trotz Notbremsung nicht mehr verhindern konnte.

Gleicher Inhalt, aber ganz andere Wirkung.
Wenn man "klug" ist, sagt man nicht "blinkte dieser für mich sichtbar", sondern betont eben, daß  "Erst als ich auf Höhe des PKW war, blinkte dieser PLÖTZLICH und bog so unvermittelt nach links ab,... "

Und jetzt soll er beweisen, daß er wesentlich früher geblinkt hat (was auch von der Aussage des LKW-Fahrers abhängen wird).
Aber so kommst zu einer Teilschuld, vielleicht 50/50 oder 1/3-2/3 (in beide Richtungen möglich).
So wie sie ausgesagt, ist sie zu 100% alleine schuldig.

mfg
AVS



aus gegebenem Anlaß: keine Toleranz für Vladolph Putler!


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Re(2): Überholen auf Landstraßen
10.05.2023, 11:33:38
NIEMALSNIE würde ich zum Überholen ansetzen und wenn doch... nein, es gibt
kein "und wenn doch".


Also den Versuch hier einen Überholvorgang zu starten könnte ich mir noch vorstellen, da ich womöglich den PKW vor dem LKW bis dahin noch nicht gesehen hatte und der LKW aus verschiedensten Gründen langsamer werden könnte.

Aber würde ich hier dann ausscheren, um mit dem Überholvorgang (in einer Kurve die Sicht auf einen LKW-Vordermann sicherlich einfacher macht) zu starten und einen PKW vor dem LKW wahrnehmen, würde mein Hauptaugenmerk dann auf diesem liegen. Und hier müsste ich dann sofort erkennen, ob er blinkt oder nicht. Kein Blinker würde für mich bedeuten, ich kann meinen Überholvorgang fortsetzen, wenn ich ansonsten auf dieser Straße keine weiteren Verkehrsteilnehmer sehe, die mir unmittelbar entgegenkommen. Eine Analyse, warum der LKW oder PKW auf der Bundesstraße langsamer werden könnten, liegt wohl weniger in meinem Verantwortungsbereich, wenn wie gesagt keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer (MIV, Rad- oder Fußgänger) durch den Überholvorgang gegeben ist.

Wenn ich daran denke, wie viel Autofahrer vor mir Tag für Tag bei einer roten Ampel an einer Kreuzung stehend erst im letzten Moment, also wenn Ampel auf Grün springt, den Blinker setzen, könnte ich sie jedes Mal fragen, ob sie den FS im Lotto gewonnen haben.
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zwischen zu früh und zu spät, liegt stets der Augenblick


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Re(2): Überholen auf Landstraßen
17.07.2023, 18:50:43
Ich kenne die Kreuzung dort sehr gut, von Wien/Oed kommend ist es an dieser Stelle EXTREM dämlich zu überholen, weil durch Sträucher und Bäume nicht die gesamte Kurve zur Kreuzung einsehbar ist (vor allem der Gegenverkehr!). Weiters ist ca. 500 m später bergauf nach Strengberg die Straße dreispurig bzw. zwei Fahrstreifen bergauf, dh. ein Überholen ist dann ganz easy möglich.

Eine weitere Sache ist der dortige 70er, das Hinweisschild für die gefährliche Kreuzung und dass es an der Kreuzung echt schon öfters gekracht hat, weil viele sinnfrei ungeduldig sind, da man 1 km vorher problemlos überholen konnte und eben nachher auch wieder.

Wenn Sie an der Stelle sicher und zügig, wie es in der StVO steht, überholen will, muss sie hier mindest mit 30 km/h Überschuss überholen, damit sich das Manöver locker ausgeht. Für das andere Fahrzeug würde das bedeuten, dass der höchstens bergab 45 km/h am Tacho haben dürfte, was ich nach der Beschreibung nach eher nicht denke. Oder dass deine Tochter viel zu schnell sein muss, um das Manöver durchzuführen. Wenn deine Tochter gegen die Leitplanke nach der Kreuzung gekracht ist, dann hat sie spästens hier [1] überholt. Schau dir das Bild an, man sieht durch die Sträucher links NICHTS!

Wenn deine Tochter mit einer Teilschuld (statt 100% Schuld) davonkommt, kann sie das mit Handkuss annehmen. Ich für meinen Fall sehe klar deine Tochter zu 100% Schuld, egal ob da noch ein LKW dabei war oder nicht. An der Kreuzung normalen Fließverkehr zu überholen ist viel zu gefährlich, vor allem, weil man bergab einfach zu wenig sieht.

Persönlich finde ich diesen Abschnitt ohnehin dämlich gelöst, denn vor der Stelle ist Tempo 100 erlaubt, bergab dann kurz Tempo 70, dann ist wieder Tempo 100 und kurz vor der Kreuzung erneut Tempo 70. So bremst quasi jeder vor der gefährlichen Kreuzung von 100 wieder auf 70 ab, statt mit 70 weiterzugleiten für die 300m, wodurch man nicht erkennt, ob wer wegen der Kreuzung oder zusätzlich wegen dem 70er bremst.

[1] https://www.google.at/maps/@48.1393026,14.6746159,3a,75y,313.61h,83.76t/data=!3m6!1e1!3m4!1s2lOcwQacPHgZv1BL9JNMxQ!2e0!7i16384!8i8192?entry=ttu

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